Training & Rennen Los gehts!

Ob mit Schlitten oder Wagen, unsere Huskies geben im Training und im Rennen immer ihr Bestes. Hier kannst du etwas darüber erfahren, wie alles begonnen hat.

Unsere erste Rennsaison

Schau dir den Film zu unserer ersten Rennsaison im Jahr 2013 an. Vielleicht erkennst du noch ein paar der Oldies aus dieser Zeit. 

Leben mit 24 Huskies

Wenn du möchtest, lies dir die Geschichte zu unserem allerersten Schlittenrennen durch. Da ist wirklich nicht alles nach Plan gelaufen und über einiges kann man sehr gut lachen. (Klicke auf die Kapiteltitel, damit wird der Text des Kapitels eingeblendet.)

In einer sternenklaren Nacht nahe der slowakisch-polnischen Grenze stellte sich für mich die Frage welche Abzweigung ich in meinem Leben wohl verpasst hatte. Wo hatte ich den Weg eingeschlagen der mich hier her führte? An diesen Platz wo ich gerade dabei war ein Feuer in einer alten rostigen Mülltonne zu schüren um 2 Kübel Fleisch aufzutauen bei Minus 20 Grad Außentemperatur.

Von alkoholisierten Organisatoren begrüßt, trafen wir Freitag Nachmittag auf dem Rennplatz ein, um unser erstes Schlittenhunderennen zu bestreiten. Unter den wachsamen Augen der Dorfkinder hatten wir unseren Platz vom Schnee befreit, und unsere damals 12 Huskies ausgeladen. Wir – das war eine Schicksalsgemeinschaft aus Mike, einem jungen kanadischen Architekten, der den Beruf hinter sich gelassen hatte um die Welt zu sehen, Sophie einer britischen Feldarbeiterin mit Hang zur Tierliebe, die auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt war und mir, Lukas dem Gründer des Snowdragons Husky Teams. Unser Quartier hatten wir schon bezogen, eine Besenkammer mit 3 Klappbetten in einem Eishockey Stadion mit viel kommunistischen Charme. Beheizt wurden diese gefühlten 8 Quadratmeter von einer Stromheizung mit der Größe eines tragbaren Radios. Da es der einzige Platz mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt war, hatten wir hier ca. 30 Kilo Fleisch für die Hunde gelagert, ausserdem die Zuggeschirre, Zugleinen und sämtliche nasse Ausrüstung. Der Duft in diesen Räumlichkeiten war alles andere als angenehm. Wenn man es sich allen Widrigkeiten zum trotz etwas gemütlich machen wollte, wurde man rasch von den Geräuschen der Luftlinie fünf Meter entfernten bis weit nach Mitternacht bespielten Eisfläche aus jeglicher Entspannung gerissen. Jeder in die Bande einschlagende Puck machte einen Lärm, als würde er gleich die Tür durchschlagen. Ich erinnerte mich an einen alten Rocky Film, und wie hart er sich in Sibirien auf den Kampf vorbereitet hat. Ich begann mich nach Rockys beheizter Holzhütte und der Ruhe in Sibirien zu sehnen.

Nachdem ich es geschafft hatte nach 20 Minuten über dem Feuer die 2 Kübel so weit zu erwärmen, dass das Fleisch in diesen eine annehmbare Esstemperatur für die Hunde hatte, haben wir sie für den ersten Renntag gefüttert. Dann folgte eines der wichtigsten Elemente eines Schlittenhunderennens – die Fahrerbesprechung. In dieser werden einem das Streckenprofil sowie mögliche Gefahren auf der Strecke erläutert. Die Besprechung fand zweisprachig in slowakischer und polnischer Sprache statt. Auf meine englische Nachfrage was gerade besprochen wurde, hat der Cheforganisator gelächelt, genickt und mir ein Glas Schnaps gereicht.

Am Rennplatz selbst waren wir unterhalb der Wahrnehmungsgrenze durch unsere Sportskollegen. Unsere Grüße wurden kaum erwidert, maximal mit einem ungläubigen Kopfschütteln bedacht. Nach einer Nacht mit zwei Stunden Schlaf war am nächsten Morgen alles bereit für den ersten Auftritt der Snowdragons.

Ich stand nach 2 Stunden Schlaf mit einem Team aus 6 Huskies an der Startlinie, bereit mich in mein erstes Rennen zu stürzen. Es war ein eiskalter Jänner Vormittag, das Thermometer zeigte -15 Grad und der Schnee türmte sich neben den Strassen einige Meter hoch. Eine Landschaft die man als Winterwonderland bezeichnen kann lag um mich herum, aber ich nahm sie nur am Rande wahr. Aktuell zählte für mich nur alles im Training gelernte mit meinen Hunden umzusetzen und mich sogut wie möglich zu platzieren. Auch sieben Jahre später ist dieser Wunsch immer noch da, wenn ich zur Startlinie fahre. Das Adrenalin, das immer mehr steigt und der unbändige Wille das Beste zu geben. Leider fehlte mir damals die Ruhe um richtige Entscheidungen zu treffen und die Erfahrung um bereits im Vorfeld Fehlerquellen auszuschalten. Darum sollte dieses Rennen ein Musterbeispiel für die Rubrik „Wie man es nicht machen soll“ werden.

Meine rechte Hand im Gespann war mein Leithund Foppa. Bei keinem anderen Hund, mit dem ich in meinen Jahren Rennen gefahren bin, konnte ich so einen Willen zu gewinnen feststellen. Sein Drive brachte aber auch gewisse Nachteile mit sich. Er war Spezialist darin sein Geschirr kaputt zu beissen. Ab dem Zeitpunkt, an dem es ihm angezogen wurde, gab es ein kurzes Zeitfenster zu starten, bevor sein Zuggeschirr von ihm kaputt gebissen wurde. Ergänzt wurde das Team von der zweiten Leithündin Angel, die wie ihr Name schon sagt ein sanftes Wesen war. Sie harmonierte mit Foppa perfekt, und war der einzige Hund der mit seiner aufgedrehten Art umgehen konnte. Dahinter liefen vier Söhne von Foppa – Atreju, Angoa, Artac und Arthur. Alle vier waren noch jung und sehr lauffreudig und sie bilden ein starkes Team mit dem ich mir gute Chancen auf eine vordere Platzierung ausrechnete.

Am Start ging alles glatt, und der Rennrichter entließ uns auf die Strecke. Wir gingen in die erste Steigung und flogen nur so durch das Feld. Ein Überholmanöver nach dem anderen gelang und wir kämpften uns den Berg hoch. Mangels Sprachkenntnissen wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, das die Steigungen sich über fast 10 Kilometer ziehen sollten. Meine Anfangseuphorie war schnell verflogen und ich musste dem hohen Tempo Tribut zollen. Immer erschöpfter wurde ich und vor jeder Kurve war die Hoffnung groß, das der Anstieg vorüber sei, aber diese wurde brutal von der nächsten sichtbaren Steigung zerschmettert.

Auch mein Unwissen in Punkto Kleidung wirkte sich bald verheerend aus. Warme Kleidung bei kalten Außentemperaturen klingt gut, bei starker körperlicher Betätigung kann sie sich aber als Nachteil erweisen. Völlig überhitzt passierte mir der erste grobe Schnitzer. Nachdem ich die Leine von Arthur mit ausgezogenen Handschuhen entwirrt hatte, verlor ich einen beim Einstecken in die Jacke. Kurzzeitig sind minus 15 Grad auch ohne Handschuhe machbar, langfristig sollte sich dieser Fehler und die Abwesenheit von Ersatzhandschuhen aber negativ auswirken.

Ohne den Handschuh war meine einzige Chance die Hand so oft es ging in die Jackentasche zu stecken. Auf den letzten Kilometern des Anstiegs war das kein Problem, was sich während der Abfahrt schlagartig ändern sollte. Einem steilen Anstieg folgt in den Bergen oft eine rasante Abfahrt. So auch in diesem Fall. Ein Gespann mit 6 Schlittenhunden lässt sich schwer einhändig steuern, darum musste die 2. Hand immer wieder an den Bügel und in den weniger technischen Teilen steckte ich sie schnell in meine Jacke und versuchte durch Bewegen der Finger die Durchblutung anzuregen.

Langsam machte mir der zweite Fehler des Morgens schwer zu schaffen. Meine nassgeschwitzte Kleidung wurde in der Abfahrt immer mehr zum Problem. Da meine Jacke nicht winddicht war, kühlte mein Körper mit dem Fahrtwind und den Außentemperaturen immer mehr ab. Es war wichtig im Stehen Finger und Zehen zu bewegen, um den Kreislauf aktiv zu halten und in Flachstücken zu laufen, um den Körper wieder zu erwärmen. In diesen Momenten ist es wichtig mental stark zu sein. Begleitet von den Hunden fühlt man sich dennoch wie der einsamste Mensch der Welt. Der Körper sendet Alarmsignale ans Gehirn aber es ist wichtig nicht in negatives Denken zu fallen, und sich selbst seiner letzten Kräfte zu berauben. Es gibt in so einer Situation keine andere Möglichkeit als weiter zu kämpfen. Es kommt niemand – der einen abholt – man ist komplett auf sich selbst zurück geworfen.

Irgendwann zwischen Gedanken wer sich nach meinem Erfrierungstod um meine Hunde kümmert, und den Sorgen um die immer dunkelroter werdende Hand hauchte mir die 2 km Marke neue Lebensgeister ein. Wir kamen in das Flachstück zurück zum Ziel und ich wurde fast übermütig. Ein Überleben schien mehr als wahrscheinlich, und auch die Hand sollte ohne Schäden davon kommen. Ich ermunterte meine Hunde noch einmal alles zu geben, und wir kamen dem Ziel immer näher. Es ist erstaunlich wie sehr die Tiere mit ihrem Menschen verbunden sind, und wie sehr ihre Motivation mit der mentalen Verfassung ihres Fahrers zusammen hängt. Daher ist in schwierigen Situation eine große Selbstdisziplin, was die Gedanken und Emotionen angeht äußerst wichtig.

Und diese sechs Hunde waren jetzt völlig entfesselt. Gerade als der Kurs um 180 Grad drehte passierte es. Die Horrorvorstellung jedes Schlittenhundefahrers wurde in meinem ersten Rennen wahr. Auf einer Eisplatte rutschte mir der Schlitten unter den Füßen weg und kippte. Ich fiel vom Schlitten, und konnte mich nicht mehr an den Bügeln festhalten. Am Boden liegend sah ich das Team die Strecke verlassen, und über die vereiste Straße Richtung Dorf laufen. Mein linker Arm schmerzte ein wenig, aber ich war unverletzt geblieben und machte mich im Laufschritt auf die Suche nach meinem Team. Nach kurzer Zeit erreichte ich das Dorf aber von meinen Hunden war weit und breit keine Spur. Plötzlich hörte ich Foppas Bellen – blickte nach rechts und sah das Team in der Garage einer Hauseinfahrt neben mir stehen.

Ich war unfassbar glücklich mein Team wieder gefunden zu haben, lobte jeden, wie man es in solchen Situationen machen sollte, auch wenn einem gar nicht danach ist. Dann führte ich die Leithunde aus der Garage zurück an die Straße, die vom Dorf in Richtung Rennstrecke führte. Ich stieg auf den Schlitten und fuhr die letzten 500 Meter mit gedämpften Erwartungen ins Ziel. Enttäuscht kam ich am Rennplatz an und berichtete meinen Teamkollegen von meinen Erlebnissen. In der Nacht stand die gleiche Strecke noch einmal bevor, und ich informierte die Beiden, das mich nichts auf der Welt heute noch einmal auf diesen Berg hinauf bringen würde. „Wenn ich heute noch einmal diese Hölle durchmache ist alles aus“, war eine meiner positivsten Ansagen. Ich versorgte die Hunde und versuchte mich in unserer Besenkammer zu erholen. An Schlaf war nicht zu denken. Zu viel Adrenalin war noch da, und die Enttäuschung war riesengroß. Als ich dann doch für ein paar Minuten eingenickt war, riss mein Teamkollege Mike die Zimmertür auf und rief. „Good News for you Lukas“. Er teilte mir mit, das ich einerseits mit 20 Minuten Vorsprung auf Platz 1 des Rennens stand, und das die Nachtetappe wegen des anhaltenden Schneesturms auf die Sprintstrecke von 10 km verkürzt wurde.

Das weckte meine Lebensgeister und ich begann mit der Rennvorbereitung für den Nachtdurchgang. Ich sortierte schnell alles, was ich an Kleidung zur Verfügung hatte und fand noch eine Garnitur an trockenen Sachen die ich für das Rennen anziehen konnte. Dieses Mal hatte ich aus meinen Fehlern gelernt, und bereitete eine winddichte Variante an Kleidung vor, die ich normalerweise zum Snowboarden anziehe. Die Hunde bekamen ihr Futter und wir trockneten die Geschirre und den Rest der Ausrüstung so gut wie es ging über der Mini Heizung in unserem Verlies. Mehr oder weniger gut vorbereitet fieberte ich dem Start der Nachtetappe entgegen. Als ich meine Runden auf dem Rennplatz drehte, hatte sich die Stimmung unter den Sportkollegen gewandelt. An Stelle von grimmiger Ignoranz wurde mir auf die Schulter geklopft und man suchte das Gespräch mit mir. Endlich war es Zeit die Hunde vorzubereiten und die Müdigkeit und die Erschöpfung wichen noch einmal dem Adrenalin und der Vorfreude.

Da meine Teamkollegen in der Nacht nicht im Einsatz waren brachten sie mich zur Startlinie und feuerten mich an. Mit der Taktik nicht zu viel zu riskieren ging ich die Etappe. Es war noch einmal ein paar Grad kälter als während des Tages und der Schnee knirschte unter den Kufen meines Schlittens. Erleuchtet von der Stirnlampe fand ich mich gut auf der für mich neuen Strecke zu Recht, und hatte bald ein langes Waldstück erreicht. Da passierte es plötzlich. Es wurde dunkel. Meine Stirnlampe hatte den Geist aufgegeben, und durch mangelnde Erfahrung hatte ich weder Batterien noch eine Ersatzstirnlampe bei mir. Es blieb mir nichs anderes übrig als die Hunde laufen zu lassen und ihnen zu vertrauen. Mitten im Blindflug sah ich ein Licht.

Mit unserem guten Tempo kamen wir dem Licht immer näher, und es entpuppte sich als Team aus sechs Alaskan Malamutes und ihrem polnischen Schlittenhundeführer, der sehr dem Riesen Rübezahl ähnelte. Dem Luxus etwas zu sehen verfallen, beschloss ich die restliche Strecke hinter diesem Team zu bleiben, um keine Verletzungen oder Irrwege zu riskieren. Der Alaskan Malamute ist die Lokomotive unter den Schlittenhunden, aber so eine Lokomotive muss nicht zwangsweise schnell fahren. Die Kilometer hinter dem Team waren vom Spaßfaktor ähnlich wie auf einer Rennstrecke mit einem Porsche hinter einem Mopedauto zu fahren. Aber ich war dankbar über das sichere Geleit und konnte am Ende der Etappe noch 5 Minuten von den einst 20 Minuten Vorsprung ins Ziel retten. Seit diesem Tag bin ich nie mehr ohne zweite Stirnlampe bei einer Nachtausfahrt unterwegs gewesen.

Mein Hauptkonkurrent schöpfte durch den Zeitverlust neue Hoffnung auf Platz 1 vorzurücken, und bei der Nachbesprechung der Etappe mit ihm ließ ich mir nicht in die Karten blicken. Er hatte wohl den Verdacht, ich wäre die Hunde in der Tagesetappe zu schnell gefahren und das Team war nicht mehr bei Kräften. Das ich aufgrund meines dummen Anfängerfehlers die Hunde acht Kilometer einbremsen musste, habe ich ihm nicht gesagt. Nach dieser anstrengenden Nachtetappe sollte man glauben, das die Müdigkeit mich endlich schlafen ließ. Aber der mittlerweile unerträgliche Geruch im Teamzimmer bestehend aus verschwitzter Kleidung, nasser Hundeausrüstung und langsam auftauenden Fleisch und Fisch in Kombination mit dem Adrenalin ließen wieder nur ein bis zwei Stunden Schlaf zu. Meine Gedanken rasten, immerhin ging ich mit 5 Minuten Vorsprung in den Schlußtag meines ersten Schlittenhunderennens.

Am Abschlußtag schenkte uns die Sonne ihr schönstes Lächeln und bereitete das Team voll Vorfreude und Anspannung vor. Ich konnte mir dieses Mal die Kräfte perfekt einteilen und wir absolvierten die Strecke mit Genuß. Auch das erlernte Wissen zum Thema Kleidung machte Vieles deutlich einfacher. Wenn ein Durchgang gut geht, dann genießt man es einfach und wird eins mit seinem Gespann. So flogen die Minuten und die Kilometer in einer wunderschönen Naturlandschaft dahin. Mein Hauptkonkurrent war 20 Minuten vor mir gestartet und in der letzten Steilkurve die mir an Tag 1 einen Ausflug ins Dorf bescherte, konnte ich zu ihm aufschließen. Damit war klar das ich das Rennen mit haushohem Vorsprung gewonnen hatte. Wir matchten uns aber trotzdem noch für die Zuseher und ich konnte das Finish um eine Hundeschnauzenlänge für mich entscheiden.

Meine Teamkollegen erwarteten mich begeistert und berichteten mir von ihren 1. und 2. Platzierungen in der Sprintkategorie. Mit zwei ersten und einem zweiten Platz machten wir uns strahlend auf die Rückreise. Im Gepäck hatte ich meine Nummer 48 aus zwei Stofffetzen gebastelt und mit Edding beschrieben. Bis heute trage ich sie bei jedem Rennen unter meiner Jacke.